Tourette SHG Österreich

Website der Österreichischen Tourette Gesellschaft

Was ist das Gilles de la Tourette Syndrom ?

 


Georges Albert Edouard Brutus Gilles de la Tourette

Das Gilles de la Tourette Syndrom ist eine neuropsychiatrische Erkrankung, die durch das Auftreten von mindestens einem vokalen und mehreren motorischen Tics gekennzeichnet ist.

Allgemein sind Tics unwillkürliche, sich wiederholende Bewegungen verschiedener Muskelgruppen, die plötzlich auftreten und als Zuckungen (motorische Tics) bzw. Lautäußerungen (vokale Tics) imponieren. Motorische und vokale Tics können entweder als einfach oder komplex klassifiziert werden.


Häufige einfache motorische Tics sind beispielsweise Blinzeln, Naserümpfen, Mundzuckungen, Kopfwerfen, Schulterzuckungen, Hand- und Fußbewegungen, Bauchzuckungen.

Komplexe motorische Tics sind z.B. Grimassieren, Springen, Antippen von Personen oder Berühren von Gegenständen, Kleidung zurechtzupfen.

Häufige einfache vokale Tics sind Räuspern, Hüsteln, Nachahmen von Tiergeräuschen wie z.B. Bellen, Ausstoßen von bedeutungslosen Lauten wie z.B. “Haa“ oder “Hi“.

Als komplexe vokale Tics bezeichnet man das Wiederholen von bestimmten Phrasen, gehörten Wörtern (Echolalie), eigenen Wörtern (Palilalie), Aussprechen von Obszönitäten (Koprolalie).

Echolalie:

 Wiederholung von Lauten, die gerade gehört
wurden

Echopraxie:

 Gesten von Personen imitieren

Palilalie:

 Wiederholungen von selbst gesprochenen Wörtern

Koprolalie:

 Obszöner und aggressiver Wortausstoß

Rituale:

 Zählen, Wiederholen von Redewendungen
 bis sie sich 100 Prozent richtig anhören

Einfache motorische und vokale Tics laufen eher schnell ab und wirken dadurch unbeabsichtigt, während komplexe Tics durch ihren langsameren Ablauf oft willkürlich erscheinen.

Sehr häufig leiden die Kinder zusätzlich am hyperaktiven Syndrom, das bedeutet, sie haben krankheitsbedingt Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, einen vermehrten Bewegungsdrang etc.

 

Wie wird das Tourette Syndrom diagnostiziert ?

 

Folgende Diagnosekriterien definieren das Tourette Syndrom:

  1. Verschiedene motorische sowie mindestens ein vokaler Tic treten im Verlauf der Erkrankung auf, jedoch nicht unbedingt gleichzeitig. Die Tics treten mehrmals täglich (gewöhnlich anfallsartig) entweder fast jeden Tag oder intermittierend über den Zeitraum von mehr als einem  Jahr auf.
  2. Die Störung führt zu starker innerer Anspannung oder verursacht in bedeutender Weise Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
  3. Beginn der Erkrankung vor dem 21. Lebensjahr.
  4. Die Störung geht nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz oder eines medizinischen Krankheitsfaktors zurück.

Was hilft beim Tourette Syndrom ?

Die Tics bessern sich unter Behandlung mit Psychopharmaka aus der Gruppe der Neuroleptika. Ihr Facharzt für Psychiatrie, Kinderneuropsychiatrie oder Neurologie wird Sie diesbezüglich gerne beraten.


 

Was ist die Ursache des Tourette Syndroms ?

 

Die genaue Ursache des Tourette Syndroms ist noch nicht bekannt. Es gibt aber einige Hinweise, dass eine Hirnstoffwechselstörung auf der Ebene der Neurotransmitter (bestimmter Botenstoffe der Nervenzellen) vorliegt. Diskutiert werden derzeit v.a. Dopamin und Serotonin.

Bisherige Untersuchungen sprechen für eine starke genetische Komponente. Wenn ein nicht notwendigerweise erkrankter Elternteil die Erbanlage für das Tourette Syndrom in sich trägt, wird diese mit 50%-iger Wahrscheinlichkeit an das Kind vererbt.

 

Wie häufig ist das Tourette Syndrom ?

 

Die genaue Zahl der Patienten mit Tourette Syndrom ist nicht bekannt, nicht zuletzt auch deshalb, weil das relativ seltene Syndrom oft fehldiagnostiziert wird. Eine Häufigkeit von 50 : 100.000 Einwohner gilt als wahrscheinlich. In Österreich gäbe es demnach ca. 3.500 Patienten mit Tourette Syndrom.

Das Tourette Syndrom tritt beim männlichen Geschlecht etwa dreimal so häufig auf wie beim weiblichen.

Oft treten die ersten Tics im Alter von 7 Jahren auf und sind im Alter von 14 Jahren bei den meisten Patienten voll ausgeprägt.

 

Was sind die psychosozialen Folgen des Tourette Syndroms ?

 

Kinder mit Tourette Syndrom werden oft von Eltern und Lehrern getadelt, weil ihre Symptome als Angewohnheiten abgetan werden. Sehr häufig entwickeln Eltern von betroffenen Kindern in ihrer Unwissenheit Schuldgefühle, da sie sich für deren Symptome, die sie für psychogen halten, erzieherisch verantwortlich fühlen.

Die richtige Diagnose ist oft schwierig zu stellen, da die Symptome der relativ seltenen Erkrankung für eine gewisse Zeit willentlich unterdrückbar sind.

Wie schon erwähnt leiden Kinder mit Tourette Syndrom oft zusätzlich unter Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, so daß der Umgang mit ihnen spezielles pädagogisches Engagement erfordert.

Auch Erwachsene mit Tourette Syndrom werden vielfach diskriminiert und in ihrer beruflichen und privaten Entfaltung eingeschränkt.

Was sind die Ziele des Tourette Vereins ?

  1. Öffentlichkeitsarbeit im Sinne von Information und Aufklärung zur Förderung von Toleranz und sozialer Akzeptanz.
  2. Information und Aufklärung von Pädagogen im Hinblick auf Früherkennung der Symptomatik und Umgang mit betroffenen Kindern.
  3. Gestaltung von Informationsbroschüren für Tourette Patienten, deren Angehörige und andere Interessierte.
  4. Förderung der Erforschung der Ursachen und der Entwicklung neuer Therapiestrategien.
  5. Einrichtung von Selbsthilfegruppen für Betroffene

   (aus dem Folder des österreichischen Tourette Vereins)